EIN KLEINER NACHRUF

AUF SANJEEV

 

Vor 1,5 Jahren kam die Diagnose: Darmkrebs. Gestern kam die Nachricht: er ist gestorben.

 

Wenn man sich einen Trekkingguide in Sikkim vorstellt – sieht er nicht aus wie Sanjeev. Und auch ich guckte erstaunt aus der Wäsche, als mir 2013 Sanjeev vorgestellt wurde als einer der besten Trekkingguides. Er war moppelig. Wir wollten gemeinsam mit Alex, einem Engländer, zum Goecha-la. Und schon kurz nach Start stellte ich fest, wieso Sanjeev diesen guten Ruf hatte. Er war schnell, unermüdlich, umsichtig, fleißig – ein Mann der Berge. Und ein Mann der lustigen Geschichten. Gerade wenn ich ein wenig schlapp wurde oder wegen Regen oder Nebel mismutig, war er zur Stelle mit einer seiner amüsanten Geschichten aus seinem Leben. Voller Vorfreude über die Pointe fing der Mund an zu grinsen, die Wangen plusterten sich, die Augen waren kaum noch Schlitze – und ein Kichern startete im Bauch und fand seinen Weg nach oben. Widerstand zwecklos – in seiner Gegenwart konnte ich keine schlechte Laune entwickeln.

 

6,5 Jahre hab ich ihn immer mal wieder getroffen – ob in Sikkim oder Ladakh, wo er von seiner koreanischen Reisegruppe extra eingeflogen wurde, da nur er wusste, wie man für sie den perfekten Reis zubereiten konnte. In den letzten 1,5 Jahren dann nur noch im Chat. Die Unterhaltungen wurden etwas tiefsinniger. Jetzt hatte er mit der abhanden gekommenen guten Laune zu kämpfen. Und der Diagnose. Und den Behandlungen. Er verlor an Gewicht und ähnelte seinem alten Ich nicht mehr. Zwischen Hoffnung und Resignation. Nun ist es vorbei.

 

Ich erinnere mich an den jungen Mann, der mit so viel Humor durchs Leben ging, viel Wissen in sich trug und es den Reisenden vermitteln konnte (nicht nur beim Trekking), der über Tourismus nachdachte (hier ist ein Interview mit ihm: Yangla Magazin) und Agenturchef Gopals zweite Hand war. Einer, mit dem man leicht Freunde werden konnte, in dessen Gesellschaft sich schnell ein Wohlfühlgefühl einstellte.

 

Es gibt Menschen, die trifft man und man ärgert sich über sie. Es gibt Menschen, die trifft man und es passiert so wenig, dass sie schnell wieder aus dem Kopf heraus sind. Und es gibt Menschen wie Sanjeev, die verändern einen ein bisschen. Die leben auch nach ihrem Tod in einem weiter. Das wird Sanjeev wahrscheinlich nicht nur bei mir tun. Zu viele Geschichten, Erlebnisse, Begegnungen, die jetzt als Erinnerungen weiter leben. Es gibt Menschen, wo man bei aller Trauer darüber, dass sie nicht mehr sind, dankbar ist, dass man sie überhaupt kennengelernt hat. So geht es mir mit Sanjeev.

 

Vielen Dank, dass nicht nur ich sondern auch einige meiner Reisenden Sanjeev kennenlernen konnten. Und dabei insbesondere vielen Dank an Torsten und Florian, die sofort unkompliziert und tatkräftig eine Spendenkampagne ins Leben riefen, durch die die finanzielle Last einer Krebserkrankung in Sikkim erleichtert werden konnte. Überhaupt: ein Geschenk an mich als Reiseveranstalterin, wenn so menschliche Bindungen entstehen. Sanjeevs Zeit auf der Welt war zu kurz. Die Erinnerungen bleiben.

 

Auf dem Goecha-la-Trek

 

Sonnenaufgang in Dzongri

 

Morgenwäsche

 

Aussichtspunkt Goecha-la

 

in Gangtok